Haltung und Zucht der Ritteranolis Anolis baracoae

Manfred Reisinger

 


Einleitung

 

Anolis baracoae ist, ebenso wie ihre nächstverwandten Anolis equestris, Anolis luteogularis, Anolis noblei, Anolis smallwoodi und Anolis pigmaequestris, zu den Ritteranolis zu zählen, deren Verbreitungsgebiet sich auf Kuba beschränkt. Wie diese ist auch Anolis baracoae zu Farbwechsel fähig, die Farbpalette reicht dabei vom Grundton hellgrün bis zu einer braunen Färbung. Letztere zeigt sich eher bei störungen, wie zum Beispiel das Hantieren im Terrarium, oder bei kühleren Temperaturen. An der Flanke im vorderen Bereich ziert sie ein oranger Streifen.

Am 10.08.2000 erhielt ich, wie so oft, von Herrn Höß eine Gruppe (2,2) Anolis baracoae. Alle waren zu diesem Zeitpunkt Adult und hatten eine Kopf- Rumpflänge zwischen 14cm und 16cm, bei einer Gesamtlänge von 26cm bis 28cm. Eines der männlichen Tiere hatte aufgrund einer Verletzung nur drei Beine (ein Hinterbein war amputiert). Da es durch diese Behinderung in seinen Aktivitäten nicht eingeschränkt war, empfand ich es nur als Schönheitsfehler. Der Geschlechtsunterschied ist im Gegensatz zu anderen Riesenanolisarten nicht so deutlich.

Bei der Körpergröße konnte ich keinen Größenunterschied feststellen, die Ausprägung des Kopfes und des Rückenkammesunterschieden sich bei meinen Tieren auch nicht. Einziges Unterscheidungsmerkmal bei Adulti ist der Schwanzwurzelansatz, der bei den Männchen deutlicher ausgeprägt erscheint.

Unterbringung

 

Untergebracht wurden sie in einem Kunststoffterrarium mit den Maßen 160cm x 80cm x 120cm. Als Beleuchtung wurden zwei

Neonröhren (18 W) und zwei HWL- Strahler (160 W) verwendet. Die Beleuchtung durch Neonröhren erfolgt täglich, Sommer wie Winter, 14 Stunden (von 5 Uhr bis 21 Uhr). Die HWL- Strahler, die wie die Neonröhren über eine Zeitschaltuhr geschaltet werden, beleuchten das Terrarium zusätzlich von 10 Uhr bis 15 Uhr täglich. Um eventuelle Separierungen einzelner Tiere zu erlauben, wurde das Becken so gestaltet, das es bei Bedarf in der Mitte abgeteilt werden kann. Als Einrichtung dienen stabile Äste und Korkröhren, die, wie üblich, im unteren Bereich nicht so dicht eingebracht und im oberen Bereich weit verzweigt sind. Die mit Presskork gestaltete Rückwand, die dem Kletterbedürfnis der Tiere gerecht werden sollte, wurde auch von diesen als solche angenommen. Bei Verwendung dieser ist darauf zu achten, dass sie luftgepresst und nicht mit giftstoffhaltigem Kleber verarbeitet sind.

Eine Plastikbox (45 x 35 x 25 cm) aufgefüllt mit Torfziegelerde, ist, in Erwartung späterer Eiablagen vorgesehen.

Die Haltungsbedingungen sind ebenfalls mit denen der Anolis equestris in den meisten Punkten identisch, mit zwei entscheidenden Ausnahmen.

Punkt 1: Die Haltung von mehreren gleich großen Tieren ist völlig problemlos, bei ausreichender Terrariengröße. Wie gesagt, alle vier Adulti, auch die beiden Männchen, bezogen das beschriebene Terrarium. Einmal musst ein Weibchen von der Gruppe getrennt werden, da es, vermutlich nach mehreren Eiablagen, stark abgemagert war und sich in eine sehr enge Korkröhre zurückzog. Hier verweilte es mehrere Wochen und verweigerte auch die Futteraufnahme. Es war auch zu bemerken, dass es einen sehr ausgetrockneten Eindruck machte. Dies wurde verstärkt durch alte Hautreste. Bei der Einzelhaltung legte sie trotz ihres schlechten Zustands ein weiteres Ei ab. Da es aber einen so schlechten Eindruck machte und wahrscheinlich abgestorben, übertragen oder nicht befruchtet war, wurde es nicht inkubiert.

Das Futterangebot an Insekten war das Gleiche wie bei Anolis equestris, nämlich Ägyptische Wanderheuschrecken, Steppengrillen, Argentinische Riesenschaben und Zophobas, die alle aus meiner eigenen Zucht stammen. Der Vorteil der eigenen Futterzucht ist die gleich bleibende Qualität und die Frische der zu verfütternden Tiere. Bei gelegentlicher Zusatzfütterung mit anderen Insektenarten, die ich vom Handel beziehe, werden diese zunächst gut angefüttert. Alle Insekten jedoch werden vor Verabreichung mit Vitaminpräparaten bestäubt.

Verschmäht wurden jedoch, und hier kommen wir zu Punkt 2, Früchte jeglicher Art.

Ergänzend kommen vor allem bei Weibchen nach Eiablagen, nestjunge tote Mäuse hinzu, die ich mit einer Pinzette gebe.

Gesprüht wurde täglich 1-2 mal und in den Sommermonaten, an heißen Tagen, auf 4-5 mal erhöht. Außerdem war das Sprühen so oft nötig, da die installierten Presskorkplatten sehr viel Wasser aufsaugen.

Die Temperaturen betrugen im Mittel um 28 °C, wobei die Wärme unter den HWL- Strahlern weit höher war. Im Sommer wurden auch Höchstwerte von 35 °C ohne negative Reaktionen zu zeigen vertragen. Im Winter überschritt das Thermometer selten den Wert von 27 °C.

Erwähnt sei noch, da sie im Gegensatz zu Anolis equestris spec. eher eine versteckte Lebensweise an den Tag legen. Eine Ruhephase in den Wintermonaten wurde nicht Festgestellt, es erfolgten aber auch keine Eiablagen.

Zucht

 

Der Beitrag zu diesem Kapitel gestaltet sich eher schwierig, da Paarungen aufgrund der sichtbaren Ergebnisse vollzogen, aber nie beobachtet wurden. Auch das Auffinden der Eier war nicht immer ganz einfach, da die täglich kontrollierte Ablegebox selten genutzt wurde. In der Saison 2000 wurde sie noch für zwei Eiablagen angenommen, doch komischerweise 2001 von den Weibchen abgelehnt. Sie gaben dann dem, meiner Ansicht nach weitaus ungünstigerem Bodengrund, welcher aus Flusssand besteht, den Vorzug. Da dieser nur in einer Höhe von etwa zwei Zentimeter eingebracht war und trocken gehalten wurde, ist mir die Ursache für dieses Verhalten nicht erklärbar. Doch das half alles nicht, im Jahr 2001 fanden alle Ablagen im Sand statt. Daher datieren die wahren Eiablagen vom 17.09.00 (2 Eier), 01.11.00 (1 Ei) und einmal hatte ich das Glück, auch zwei frisch abgelegte Eier am 22.08.01 im Sand zu finden. Da Anolis baracoae überwiegend baumbewohnend ist, mein Tiere auch niemals auf dem Boden gesehen wurden, machten mich frische Spuren im Bodengrund, (Sand, s.o.) auf das Gelege aufmerksam.

Ein größerer Eifund datiert vom 22.07.01, der wegen einer Komplettreinigung des Terrariums bemerkt wurden. Zwei Eier im linken und drei Eier im rechten Bereich gefunden. Abgelegt wurden sie jeweils neben den Wasserschalen, wo der Sand eine leichte Feuchte aufwies. Da die Eier verschiedene Größen hatten, war deutlich zuerkennen, dass sie sich in verschiedenen Entwicklungsstufen befanden und nichtgleichzeitig gelegt wurden. Ein Ei war bereits sehr groß, ein Ei mochten wir als normal bezeichnen. Drei Eier sahen jedoch nicht mehr so gut aus, wiesen Dellen auf und machten einen vertrockneten Eindruck. Das letzte Gelege, wiederum ein Ei, wurde am 27.09.01 gefunden.

Wegen der geringen Größe gab ich diesem aber keine große Chance.

Inkubation

 

Zu diesem Thema möchte ich mich wieder etwas ausführlicher äußern, denn wenn bereits eine Eiablage erfolgte, ist es umso ärgerlicher, wenn sie unwissentlich falsch und daher nicht erfolgreich ausgeführt wird. ich bin der Meinung, dass alle Anolis und Chamaeleolis- Arten bei der Inkubation einen Tag- Nacht- Rhythmus benötigen. Im Gegensatz zu anderen von mir gehaltenen Unterarten, die ich bei Zimmertemperaturen ausbrütete, verwende ich bei Anolis baracoae einen Brutapparat (Jäger- Kunstglucke). Der Brutapparat wurde mit den Neonröhren des Terrariums über die gleiche Zeituhr geschaltet, d.h. nur während der Beleuchtungsdauer von 07.00 Uhr bis 21.00 Uhr täglich war auch der Brutapparat in Betrieb. Somit wurde eine natürliche Nachtabsenkung nachgeahmt, wie sie bereits im Kapitel Unterbringung beschrieben ist.

Der Vorteil dieses Brutverfahrens ist die konstante Tagesteperaturwahl, die ich bei 26°C eingestellt hatte. Ein zweiter Vorteil ist der, dass sich bei den im Brutapparat befindlichen Zuchtdosen bei dieser Methode am Deckel kein Kondenswasser bildete und daher die Kontrollhandlungen verminderte. Eine weitere angenehme Begleiterscheinung ist, dass normalerweise ein nachfeuchten wegen relativ geringer Inkubationszeit nicht notwendig ist. Dieses wurde trotzdem 2- 3 mal wöchentlich vorgenommen, da meine Brutboxen keine Lüftungslöcher besitzen und deshalb kein Luftaustausch stattfindet. Als Substrat für die eingebrachten Zuchtdosen diente, wie üblich bei Anolis, Seramis. Das Mischungsverhältnis beträgt gewichtsbezogen ein Teil Wasser auf vier Teile Seramis. Sollte keine genaue “Apothekerwaage“ zur >Hand sein, so möchte ich anmerken, dass mit etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung dieser Arbeitsvorgang mit bloßem Auge auch zu bewerkstelligen ist, da es sich im Gegensatz zu manch anderen Reptilienarten, die ich halte, bei Anolis baracoae um leicht auszubrütende Eier handelt. Dies sollte aber kein Ratschlag von mir zur Geldeinsparung sein. Die Eier bezogen, wieder aus Sicherheitsgründen, einzeln ihre Brutboxen. Bei schlecht aussehenden Eiern, denen ich geringe Chancen einräumte, zog ich eine Mehrfachunterbringung aus Platzgründen vor.

Aufzucht

 

Auch hier wurde wieder voller Spannung der erste Ankömmling erwartet. Dieses Ereignis stellte sich am 30.11.00 gleich zweifach ein, da es sich um das Gelege vom 17.09.00 handelte. Somit betrug die Inkubationszeit 74 Tage. Der Schlüpfling des zweiten Geleges desselben Jahres erblickte nach 77 Tagen das Licht der Welt.

Wie auch bei Anolis equestris und Chamaeleolis porcus benötigt die hier beschriebene Art nur sehr kurz vom “Schlitzen“ bis zum Schlupf. Ich würde eine Maximaldauer von 30 Minuten mit Vorbehalt, da nicht oft beobachtet, angegeben. Kurioserweise wiesen die ersten beiden geschlüpften Tiere 3 weiße Querstreifen über dem Körper auf, die dem dritten Jungtier des zweiten Geleges jedoch fehlten. Anfangs vermutete ich, dass es eventuell als Geschlechtunterscheidungsmerkmal zu deuten war, jedoch anhand unterschiedlich großer Rückenkämme kamen diesbezüglich Zweifel auf. Also gong ich davon aus, dass es sich bei den ersten Tieren doch um ein Pärchen handelt, demzufolge der Schlüpfling des zweiten Geleges ein Männchen ist. Diese Ausnahme bestätigte sich im Verlaufe eines Jahres dann auch.

Da, wie erwähnt, keine Eiablagen beobachtet wurden, nehme ich aber an, dass aufgrund des unterschiedlichen Zeichnungsmusters, die beiden Eiablagen von den zwei vorhandenen Weibchen stammen. Die hellgrüne bis braune Färbung in den ersten Monaten war identisch mit dem der nahe verwandten Anolis equestris spec., ebenso die Größe und bei der Gegenüberstellung kaum von dieser Art zu unterscheiden. Eine Ausnahme machte das Tier ohne Querstreifen.

Die Jungtiere bezogen ab den Schlupf ein Terrarium mit den Maßen 100 x 80 x 100cm, in dem sie anscheinend problemlos miteinander umgingen. Da meine Frau und ich uns im Dezember und Januar in Neu Guinea aufhielten, konnte ich zu dieser Zeit keine Beobachtungen machen. Auffällig war nur im Februar 2001 festzustellen, dass einem Tier dieser Dreiergruppe an den Vorderbeinen einige Krallen fehlten. Ob dies nun durch Kampf, Krankheit oder Einquetschung durch liegende Äste herrührt, vermag ich nicht zu sagen. Auch mein Sohn, der, wie üblich zu dieser Zeit, zusammen mit meiner Mutter meine Tiere pflegt, konnte bezüglich auf Streitigkeiten und Unverträglichkeiten keine Angaben machen. Die Weißen Querstreifen verblassten nach ca. 4- 5 Monaten und glichen in der Färbung immer mehr den Elterntieren. Nach einjähriger Haltung hatten sie eine Gesamtlänge zwischen 32cm und 40cm bei einer Kopf- Rumpflänge von 10cm- 12cm. In der Saison 2001 hatte ich bei Anolis baracoae zweimal Erfolg bei der Zucht. Bei dem einmaligem Fund von 5 eiern blieb nur das als Größtes beschriebene über.

Der Schlupf erfolgte am 24.09.01 nach 64 Tagen. Diese Dauer ist aber nicht von Bedeutung, da es ja nach der Eiablage längere Zeit im Terrarium verweilte, bevor ich es fand und inkubierte. Bei den zweiten liegen wieder genauere Daten vor, und zwar war am 11.10.01 nach 81 Tagen die Inkubationszeit vorbei. Beide Tiere hatten keine weiße Querstreifenzeichnung. Es bestätigt meine Vermutung, dass die Streifenzeichnung am Rücken der Jungtiere vererbt wird, da ja in dieser Saison ein adultes Weibchen einen kranken und abgemagerten Eindruck machte. Das Futterspektrum der juvenilen ist identisch mit dem der Adulti, natürlich in entsprechender Größe. Ebenso die Ausstattung der Terrarien, wobei ich Korkenzieher- Nussbaumholz verwende, das für Jungtiere gut zum Klettern genützt werden kann und aufgrund der Form sehr dekorativ ist.

Nachtrag

 

Wie bei allen Riesenanolisarten, sollte man sich beim Hantieren adulter Tiere in Acht nehmen, da sie sofort beim Anfassen versuchen, ihren Fänger zu beißen. Aufgrund des großen Mauls, kann ich mir gut vorstellen, dass der Biss sehr schmerzhaft ist. Mir ist es jedoch immer gelungen, auch ohne Handschutz, mich diesem zu entziehen. Leider musste ich mich dazu entschließen, beide Riesenanolisarten aus Platzgründen abzugeben, da ich neue Herausforderungen suche und meine langandauernde Projekte, Brachylophus, Heloderma und Varanidae (siehe Internet: www.heloderma.de) nicht aufgeben möchte.

Druckversion | Sitemap
© Manfred Reisinger